Keine Feier ohne Torte: Caritasdirektor Walter Schmolly, Fachbereichsleiterin Monika Chromy, Stellenleiter Peter Wieser und Bürgermeister Wolfgang Matt hatten Grund zum Feiern.

Ein Ort für Menschen am Rand der Gesellschaft

30 Jahre sind ein Grund zum Feiern. Aber auch ein Grund, darauf zurückzublicken, was geschafft wurde und Ziele für die Zukunft zu definieren. All das macht das Caritas-Café pünktlich zum 30-jährigen Bestandsjubiläum Ende Juni.

Ältere Feldkircher*innen erinnern sich vermutlich noch gut an die offene Drogenszene in der Feldkircher Innenstadt Ende der 1980-er-Jahre. Die Grenzlage zu Liechtenstein und der Schweiz machte Feldkirch zusätzlich zu einem Treffpunkt der Szene. Die Situation und das Schicksal von süchtigen Menschen ließ niemand kalt, Emotionen zwischen Hilflosigkeit, Ohnmacht, Aggressionen, dem Ruf nach Behandlung oder Strafe bestimmten die persönliche Haltung und den Gang der politischen Diskussion. Für die Politik war Handlungsbedarf gegeben, um die zunehmende Verelendung, Obdachlosigkeit und die steigende Zahl von Drogentoten einzudämmen – auch HIV/Aids war zu dieser Zeit ein hochaktuelles Thema.

Es brauchte gute Wege …

Einfach den Zutritt für Drogenkonsument*innen in die entsprechenden Lokale zu verbieten und drogenkonsumierende Menschen aus der Innenstadt zu verbannen, verlagerte das Problem, war aber nicht wirklich eine Lösung. Zielführend war hingegen eine suchtbegleitende, niederschwellige, akzeptierende Drogenarbeit. Das Land Vorarlberg holte die Caritas als Partnerin für die Umsetzung dieses erweiterten Drogenkonzeptes ins Boot und so wurde das damalige HIOB ins Leben gerufen. „Begonnen wurde mit Streetwork – unsere Mitarbeiter*innen knüpften Kontakte zu Klient*innen und brachten sie ins H.I.O.B. am Jahnplatz“, erzählt der heutige Stellenleiter des Caritas Cafés, Peter Wieser aus der Geschichte der Einrichtung. Drogenkonsumierenden Menschen einen Ort zu bieten, an dem sie Hilfe zum Überleben und zur Verbesserung ihrer gesundheitlichen Situation erhalten, war von Anfang an das Ziel. „Nach und nach nahmen die Klient*innen das Angebot an. Das Wichtigste war und ist bis heute, dass die von Drogenabhängigkeit betroffenen Menschen Vertrauen zu uns fassen und mit ihren konkreten Problemen zu uns kommen.“

Vom H.I.O.B. zum Caritas Café

1994 erfolgte der Umzug in die Wohlwendstraße und nach einer internen Umstrukturierung der Caritas 2011 wurde aus der ehemaligen „Teestube“ und dem H.I.O.B. das Caritas Café in der heutigen Form als Kontakt- und Anlaufstelle für Menschen, die an den Rändern der Gesellschaft leben und von Sucht, Obdachlosigkeit und Armut betroffen sind, eröffnet. Blickt man in die Geschichte, so darf aber ein weiterer, wichtiger Meilenstein nicht fehlen: Um drogenabhängigen Menschen den Zugang zu Arbeit zu ermöglichen, wurde vor fast 25 Jahren ein Waldprojekt und später auch ein Kochprojekt ins Leben gerufen. „So machen suchtmittelabhängige Menschen die Erfahrung von `guter Arbeit´ mit sinnvoller Beschäftigung, einer Struktur im Leben, Anerkennung und sozialen Kontakten“, beschreibt Peter Wieser.

Apropos Meilensteine: Im Rahmen des Baus der neuen Feldkircher Bahnhofcity wurde auch eine breite und konstruktive Diskussion über den Aufenthalt und den Umgang von randständigen Menschen im neuen Bahnhofsareal geführt. „Wem gehört der öffentliche Raum? Diese Frage wird sicherlich auch in Zukunft bleiben“, ist Stellenleiter Peter Wieser überzeugt. „Das Einfordern des Rechts auf soziale Teilhabe am Leben, die Nutzung des öffentlichen Raumes auch für randständige Menschen und das Bemühen um ein gutes gesellschaftliches Miteinander wird weiterhin eine wichtige Aufgabe der Caritas sein.“

Peter Wieser betont, dass das Caritas Café ein Ort für Menschen an den Rändern der Gesellschaft sei. „Die Schere zwischen Einkommen und Lebenserhaltungskosten geht laufend weiter auseinander, der materielle und psychische Druck auf die Menschen steigt. Die Grundversorgung unserer Klient*innen gewinnt durch die Auswirkungen des Klimawandels, der Corona-Pandemie und der Teuerungswelle weiter an Bedeutung.“ Das Caritas Café möchte nicht zuletzt den Betroffenen eine Stimme geben, damit ihre Bedürfnisse aufgezeigt und Nöte wahrgenommen werden.

Caritas Café in Zahlen:
  • 699 Männer und 244 Frauen nutzten im vergangenen Jahr die Angebote des Caritas Cafés als Aufenthaltsmöglichkeit, zur Grundversorgung und Schadensminimierung.
     
  • Für 131 Menschen war das Caritas Café 2021 die Postadresse, für 41 auch die Meldeadresse.
     
  • 1.068 Mal wurde 2021 die Möglichkeit zum Duschen bzw. zur Körperpflege genutzt, 241 Mal die Möglichkeit, Wäsche zu waschen.
     
  • 3.550 Mal wurde im letzten Jahr die Möglichkeit für ein gratis Frühstück in Anspruch genommen, 2.369 Mal ein gesundes und günstiges Mittagessen.
     
  • 16.608 Besuche im Caritas Café wurden 2021 verzeichnet.
     
  • 129.441 Spritzen wurden getauscht und leisteten einen Beitrag zu Safer-Use, also zur Schadensminimierung.