Heraus aus der Gewaltspirale
Das Frauen- und Kinderhaus Maria Amor
Stärkung von Frauen und Kindern, die in ihren Familien geschlechterspezifische Gewalt erfahren haben
Der fünfjährige Anthony hat viele schreckliche Dinge sehen müssen. Sein Vater hat ihm, seinen zwei Schwestern und seiner Mutter sehr oft Gewalt angetan. Manchmal mussten sie mitten in der Nacht Hals über Kopf zu Nachbarn oder Verwandten flüchten. Dennoch sah Anthonys Mutter keine Chance, wie sie allein mit ihren Kindern durchkommen soll. Als der Familienvater seine Frau krankenhausreif schlug, vermittelte man sie ins Frauenhaus der Stiftung Maria Amor. Langsam heilen die körperlichen und seelischen Wunden und aus dem ernsten, schweigsamen Anthony wird wieder ein lebensfrohes Kind.
Jährlich werden bis zu 200 Kinder mit ihren Müttern aufgenommen. Im Frauenhaus „Nina Huasi“ der Stiftung Maria Amor erhalten sie ein liebevolles Zuhause, schulische Hilfe, Lernbetreuung, psychologische Beratung, Familientherapie, Traumabewältigung und den nötigen Rechtsbeistand. Hier finden Kinder und Jugendliche, die mit ihren Müttern Schutz vor Gewalt suchen, Zuflucht und neue Perspektiven. Hier können sie „ankommen“ in einem Leben ohne Angst und Schrecken.
Das Frauenhaus „Nina Huasi“ der Stiftung Maria Amor
Die Caritas der Diözese Feldkirch arbeitet seit über zwanzig Jahren mit der Stiftung Maria Amor zusammen. Durch diese Partnerschaft konnte erreicht werden, dass sich die Stiftung Maria Amor sowohl lokal, national als auch international positionierte und Antworten auf die vielseitigen Herausforderungen in der Betreuung von gewaltbetroffenen Frauen und Kindern im ecuadorianischen Kontext entwickelte. Höhepunkt der Zusammenarbeit mit der Caritas der Diözese Feldkirch war der Neubau des Frauenhauses am Stadtrand von Cuenca, um mehr Platz und bessere Bedingungen für die Arbeit mit den Frauen und Kindern zu schaffen. Es wurde ein Zentrum für bis zu 20 Familien und ein großes Kinderzentrum mit Spielplatz gebaut. Außerdem wurde das vorherige Frauenhaus im Stadtzentrum von Cuenca renoviert und umgebaut. Dort wurden das Nottelefon mit einer externen Beratungsstelle, der Lern- und Ausbildungsbetrieb „Mujeres con Exito“ mit Wäscherei, Kopierzentrum sowie Restaurant und Catering und fünf Übergangswohnungen für Familien geschaffen, die das Serviceangebot der Stiftung Maria Amor komplettieren.
Gewaltschutz im Einklang mit der Natur
Beim Neubau des Frauenhauses wurde ein großer Schwerpunkt auf ökologische Nachhaltigkeit gelegt, indem Baustoffe wie Bambus und Lehm eingesetzt wurden und erneuerbare Energie mit Solarpaneelen gewonnen wird. Neben Trockentoiletten wurde auch eine Pflanzenkläranlage installiert, um Wasser zu recyceln. Biologisch bewirtschaftete Gärten und Gewächshäuser versorgen die Frauen mit gesunden Nahrungsmitteln und unterstützen im Rahmen von gartentherapeutischen Sitzungen die Heilungsprozesse der Frauen und Kinder. Der Ort gilt national und international als Modell für die erfolgreiche Verbindung zur Wahrung von Frauenrechten und dem verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen.
Netzwerk der Frauenhäuser
Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Ecuador allgegenwärtig: Laut einer nationalen Erhebung geben 7 von 10 Frauen an, im Laufe ihres Lebens mindestens einen Vorfall von Gewalt in einem der verschiedenen Lebensbereiche erlebt haben. Im Jahr 2023 gab es laut der von der Stiftung Aldeas in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk der Frauenhäuser erstellten sozialen Kartierung 321 Fälle von tödlicher Gewalt gegen Frauen in Ecuador.
Als Maßnahme zur Stärkung der Arbeit gegen Gewalt auf nationaler Ebene wurde das Netzwerk der Ecuadorianischen Frauenhäuser gegründet. Das Netzwerk, dem sich sowohl zivilgesellschaftliche als auch staatliche Frauenhäuser in Ecuador angeschlossen haben, verfolgt einerseits das Ziel, eine zeitgemäße Ausbildung und Spezialisierung der Mitarbeiterinnen zu fördern. Andererseits werden auf nationaler Ebene Sensibilisierungsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Kindern gesetzt und durch Advocacy-Aktivitäten Einfluss auf die soziale und politische Meinungsfindung zum Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder genommen.
Ausbau von Ausbildungsbetrieben in Frauenhäusern
Das Netzwerk der Frauenhäuser fördert den Aufbau von kleinen Ausbildungsbetrieben in den Frauenhäusern, in denen Frauen neben einer kurzen beruflichen Ausbildung auch die Möglichkeit erhalten, ein erstes kleines Einkommen zu erwirtschaften. Arbeit und Einkommen sind Grundvoraussetzung, damit die Frauen und ihre Kinder den Schritt in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben gehen können.
Die positive Entwicklung: Fast alle Kinder in Ecuador haben die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Bildung bringt auch die Chance mit sich, dass die Gewalt an Kindern abnimmt.