Raus aus der Gewaltspirale
Das Frauen- und Kinderhaus Maria Amor
Stärkung von Frauen und Kindern, die in ihren Familien geschlechterspezifische Gewalt erfahren haben
Der fünfjährige Anthony hat viele schreckliche Dinge sehen müssen. Sein Vater hat ihm, seinen zwei Schwestern und seiner Mutter sehr oft Gewalt angetan. Manchmal mussten sie mitten in der Nacht Hals über Kopf zu Nachbarn oder Verwandten flüchten. Dennoch sah Anthonys Mutter keine Chance, wie sie alleine mit ihren Kindern durchkommen soll. Als der Familienvater seine Frau krankenhausreif schlug, vermittelte man sie ins Frauenhaus Maria Amor. Langsam heilen die körperlichen und seelischen Wunden und aus dem ernsten, schweigsamen Anthony wird ein lebensfrohes Kind.
Jährlich werden bis zu 200 Kinder mit ihren Müttern aufgenommen. Im Casa Maria Amor erhalten sie ein liebevolles Zuhause, schulische Hilfe, Lernbetreuung, psychologische Betreuung, Familientherapie, Traumabewältigung und den nötigen Rechtsbeistand. Hier finden Kinder und Jugendliche, die mit ihren Müttern Schutz vor Gewalt suchen, Zuflucht und neue Perspektiven. Hier können sie „ankommen“ in einem Leben ohne Angst und Schrecken.
Netzwerk der Frauenhäuser
Gewalt gegen Frauen und Kinder ist eine der größten Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit. In Ecuador gaben laut einer nationalen Umfrage im Jahre 2016 sechs von zehn Frauen an, in ihren Familien Gewalt zu erleben. In Cuenca und der Provinz Azuay steigt diese Zahl sogar auf 70% der Frauen an.
Das Frauenhaus Maria Amor in Cuenca, sowie fünf weitere Frauenhäuser in Guayaquil, Lago Agrio und Coca sind die konkreten Anlaufstellen für diese Frauen, wenn die Gewalt untragbar wird und sie um ihr Leben oder das ihrer Kinder fürchten. Sie bilden das Netzwerkes ecuadorianischer Frauenhäuser, das die Regierung in ihrem Programm „Todo una Vida“ in der Thematik Gleichberechtigung und Gewaltprävention berät und unterstützt. Die Frauenhäuser in Ecuador werden alle von privaten Frauenbewegungen oder kirchlichen Organisationen betrieben.
Die Caritas der Diözese Feldkirch arbeitet seit über zehn Jahren mit dem Frauenhaus Maria Amor zusammen. Durch diese Partnerschaft konnte erreicht werden, dass sich die Stiftung Maria Amor sowohl lokal, national als auch international positionierte und Antworten auf die vielseitigen Herausforderungen in der Betreuung der Frauen und Kinder im ecuadorianischen Kontext entwickelte.
Der Höhepunkt dieser Zusammenarbeit war die Finanzierung des Neubaus des Frauenhauses am Stadtrand von Cuenca, um mehr Platz und bessere Bedingungen für die Arbeit mit den Frauen und Kindern zu schaffen. Es wurde ein Zentrum für bis zu 20 Familien und ein großes Kinderzentrum mit Spielplatz gebaut. Außerdem wurde das vorherige Frauenhaus im Stadtzentrum von Cuenca renoviert und umgebaut. Dort wurden das Nottelefon mit einer externen Beratungsstelle, drei Kleinbetriebe und 5 Übergangswohnungen für Familien geschaffen, die das Serviceangebot der Stiftung Maria Amor komplettieren. Damit ist das Frauenhaus Maria Amor das bestausgestattete Frauenhaus in Ecuador.
Eine Maßnahme, die die Arbeit gegen Gewalt auf nationaler Ebene stärkt, ist die Gründung des Netzwerks der Ecuadorianischen Frauenhäuser im Jahr 2008. Maria Amor war und ist im methodologischen Prozess und in den finanziellen Verhandlungen mit den öffentlichen Stellen ein treibender Faktor und von den öffentlichen Stellen anerkannt.
Das Netzwerk, der sechs in Ecuador bestehenden Frauenhäuser, hat u.a. das Ziel eine zeitgemäße Ausbildung und Spezialisierung der Mitarbeiterinnen zu fördern und Sensibilisierungsmaßnahmen gegen Gewalt an Frauen und Kindern zu setzen. Wichtig ist auch, Einfluss auf die soziale und politische Meinungsfindung zum Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder zu nehmen.
Ausbau von Ausbildungsbetrieben in sechs Frauenhäusern
Ziel ist, dass jedes Frauenhaus einen kleinen Ausbildungsbetrieb aufbauen kann, in dem die Frauen neben einer kurzen beruflichen Ausbildung auch ein erstes kleines Einkommen erwirtschaften können. Arbeit und Einkommen sind Grundvoraussetzung, damit die Frauen und ihre Kinder den Schritt in ein gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben gehen können.
Die positive Entwicklung: Fast alle Kinder in Ecuador haben die Möglichkeit, zur Schule zu gehen. Bildung bringt auch die Chance mit sich, dass die Gewalt an Kindern abnimmt.