© Maurice Shourot

Caritas nimmt zum Arbeitsprogramm der Bundesregierung Stellung

Das „Arbeitsprogramm der Bundesregierung“ greift auch eine Reihe von sozialen Themen auf. Einige der zu diesen Themen vorgelegten Perspektiven sind aus Sicht der Caritas durchaus zu begrüßen, manche Vorschläge werfen Fragen auf. Entscheidend ist nun, ob die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die für die Umsetzung der Ideen erforderlich sind.

 

So sieht die Caritas Vorarlberg in der geplanten Anhebung des Mindestlohns österreichweit auf 1.500 Euro einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. „In den letzten Jahren sind die unteren zehn Prozent der Einkommen in Österreich inflationsbereinigt kontinuierlich gefallen, seit 1998 um 10,5 Prozent“, heißt es dazu von Seiten der Caritas. „Diese Abwärtsspirale ist letztlich die Ursache vieler sozialer Problemlagen“, betont Caritasdirektor Walter Schmolly. „Begrüßenswert ist auch die Einrichtung eines eigenen Case-Management, in dessen Rahmen Menschen, die am Arbeitsmarkt schwer Fuß fassen können, intensiver individuell betreut werden sollen.“ Wie wirksam die „Beschäftigungsaktion 20.000“ für über 50jährige langzeitarbeitslose Menschen bei einer auf zwei, beziehungsweise maximal drei Jahre befristeten Projektförderung sein könne, werde sich zeigen müssen.

 

Maßnahmen für geflüchtete Menschen

Ein weiterer Punkt des vorliegenden Arbeitsprogramms sieht vor, dass die Asylverfahren gestrafft werden. „Gegen schnellere Verfahren ist natürlich nichts einzuwenden, entscheidend aber ist die Qualität der Verfahren“, betont Walter Schmolly. Das gesamte Asylwesen sei im vergangenen Jahr stark ausgeweitet worden. „Insofern wäre es zunächst einmal an der Zeit, das bestehende System gründlich zu evaluieren. Weitere Maßnahmen sollen im Sinne der Qualitätsentwicklung darauf aufbauen.“

 

Ein weiterer, wichtiger Punkt betrifft die in Vorarlberg sehr stark verankerte Nachbarschaftshilfe: Seit der Einstellung der Nachbarschaftshilfe fordert die Caritas die Öffnung des Dienstleistungsschecks für AsylwerberInnen. „Insofern freuen wir uns natürlich, dass das jetzt in Planung ist. Diese Öffnung ist mit Blick auf die Integration in hohem Maße sinnvoll und bringt die geflüchteten Menschen auch erstmalig in Kontakt mit der Kultur und den Gegebenheiten am österreichischen Arbeitsmarkt“, betont die Caritas die Wichtigkeit dieser Integrationsmaßnahme.

 

Die Bundesregierung hat auch vor, ein „verpflichtendes Integrationsjahr“ für AsylwerberInnen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit und für Bleibeberechtigte zu etablieren. Die unter diesem Titel vorgestellten Maßnahmen mit Kompetenzclearing, Deutschkurse, Berufsorientierung, Bewerbungstrainings sowie gemeinnützigen Tätigkeiten bei Zivildienst-Trägern  sieht die Caritas als durchaus geeignet, in einer guten Mischung von „fördern und fordern“ die geflüchteten Menschen auf dem Weg der Arbeitsmarktintegration zu begleiten. „Die Qualität wird sich daran zeigen, wie weit es gelingt, auf die sehr unterschiedlichen Voraussetzungen individuell einzugehen und die Kurse und Trainings präzise auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abzustimmen, damit ein rascher und bildungsadäquater Einstieg in den Arbeitsmarkt gelingt. Und die große Frage, die im Papier völlig offen bleibt, ist, wie ein solches Jahr für die gesamte Zielgruppe organisatorisch und finanziell bewältigt werden soll.“ Die Caritas Vorarlberg bietet in Zusammenarbeit mit der Sozialen Berufsorientierung Vorarlberg bereits mit großem Erfolg ein „Freiwilliges Integrationsjahr“ an, die Erfahrung dabei zeigt jedoch, dass der Organisations- und Begleitaufwand beträchtlich ist.

 

Leistbares Wohnen, Mindestsicherung

Das Ziel, „qualitativ hochwertigen Wohnraum für alle Menschen leistbar zu machen“, ist aus Sicht der Caritas sehr begrüßenswert, dennoch bezweifelt die Sozialeinrichtung, ob dieses mit den vorgeschlagenen Maßnahmen (Zukunftsvorsorge-Modell, Privatisierung gemeinnütziger Wohnbau, Baulandmobilisierung) erreicht werden kann. Auffallend am neuen Arbeitsprogramm der Regierung schließlich auch, dass die Bundesregierung eine bundesweite Regelung der Mindestsicherung aufgegeben hat. „Damit nimmt sie die offenkundigen Nachteile der Verländerung diesen letzten sozialen Auffangnetzes in Kauf“, bedauert der Caritasdirektor.